Herkunft / Traube:
| ? / Merlot
|
Land: | Frankreich |
Jahrgang: | 2016 |
Alkoholgehalt: | 13% |
Geschmacksrichtung:
| Trocken |
Verschluss: | Schraube |
Preis: | 1,99€ |
Bewertung: 4 von 5
Geruch/Blume
"Würzig" ist wohl das passende Adjektiv für die erste Nase. Und der offene Gewürzschrank tut hierzu seinen Teil. Etwas Säuerliches, das zu vergammelter Grassilage passt, im Hintergrund. Die zweite Nase ist... weg! Nein, nicht ganz, nach kurzer Zeit ist sie zurück und wird stetig komplexer, dumpfer, klare Ledernoten, Reste des Würzigen und schöne, trockene Tannine. Gut!
Geschmack/Mundgefühl
Nicht ganz so komplex im Geschmack, doch von Beginn an voluminös, ansprechend trocken und mit einem Mundgefühl, das zwischen Belag und Struktur changiert - jedenfalls zu Beginn. Und es gibt eine fruchtige Note, die mehr als Dreingabe ist - sie bestimmt den Wein, womit man nach der Blume nicht wirklich gerechnet hat, geht in Richtung leicht überreifer Kirsche und bringt eine wirklich schöne, feine Süße mit. Ansatzweise herb zum Abgang hin, mild im Gesamtbild. Doch: Etwas Wasser gilt es, in den Wein zu gießen, denn er hat von Haus' aus schon welches, nämlich - nach oben Genanntem - später doch ein reichlich wässriges Mundgefühl, das besonders die Zunge umspült.
Keine wirklich zu fassende Säure, vom anfänglichen Belag nur Reste.... hatte ich geschrieben... doch leider kleistert der Belag über die Zeit so ziemlich alles zu, was zuvor noch interessant war - schade.
Abgang/Nachgeschmack
Der Nachgeschmack verwundert so schnell mit Karamellnoten, dass man den Abgang - sofern vorhanden - nicht mehr objektiv fassen kann. Eine kurze Wandlung noch zum Türkischen Honig, deutlich süßer und cremiger im Mundgefühl, dann ist der Standard-Merlot von Netto auch schon weg. Aber auch nichts von Esspapier und Pappe - wieder gut!
Fazit:
Wenn die Site "Wein-für-Jedermann" nicht schon über 10 Jahre alt wäre (und nicht inzwischen weit über 800 Weine beinhalten würde): Für diesen Merlot müsste man sie erfinden!
Gut, er ist nicht der Burner - nun, einen echten Burner für 1,99€... da hingen die Trauben dann wohl doch etwas zu hoch...
Aber: Wie viele beschissene Weine habe ich - haben Sie? - in Ihrem Leben getrunken, die ihr Geld nicht ansatzweise wert waren?
Dieser Merlot ist flüssiger Beleg dafür, dass man für einen wirklich guten Wein (der nicht der Hauptdarsteller am Abend sein soll) nicht viel Geld ausgeben muss.
Erläuterung:
Solche Weine werden hier als "Standard-Merlot" bezeichnet: So ziemlich jeder Discounter und jede größere Handelskette hat einen solchen Wein im Angebot.
Sie heißen einfach nur "Merlot" heißt - sonst nix.
Die Etiketten sehen so ziemlich jedes Jahr gleich aus, alle kosten 1,99€ und sind nicht in der Bückzone (also unten) drapiert, haben Schraube oder Plastik als Verschluss, 13Vol/% Alkohol und sind meist als Pays d'Oc ausgewiesen.
Und so gönne ich mir den Spaß, einem Wein für 1,99€ die "Aktuelle Empfehlung" zu geben... bin gespannt, wie viele Seegurken mir wieder Mails schreiben, ich solle "doch lieber Bier" trinken (goldig!).
Man nimmt es gelassen...
Nachtrag:
Da sowohl die "Standard-Merlots" von LIDL als auch von NORMA in der 2016er-Ausprägung derart viele Fuselstoffe enthalten, dass man nachts mehrfach zum Wasserglas greifen muss, wird der besagte Merlot von Netto (neben dem 2016er von Aldi) bei mir die vorgenannten ablösen, wenn es darum geht, einen ansprechenden Wein im Glas zu haben für den durchschnittlichen Abend.
Dieser Wein wurde verkostet am Freitag, 19. Januar 2018